Lambert Schroif berichtet für die Zeit um oder 1900:
Unsere Eltern hatten keine modernen Straßenschilder und Hausnummern notwendig, durch Tradition hatten nicht allein die Hauptstraßen ihren allbekannten Eigennamen, sondern die Hauptstraßen
zerfielen in besondere Häusergruppen, und diese hatten wieder ihren besonderen Namen.
Als Beispiel will ich nur die eine Hauptstraße, die jetzige Südstraße anführen. Diese Straße hieß einfach "Ejene Scheedt" (in Kohlscheid) und hatte außerdem noch vom jetzigen
Marktplatze an bis zur Kaiserstraße folgende Nebenbezeichnungen: "op Kölleschouf" (auf Kölner Hof), "op gene Steng" (auf dem Steinweg), "op gene Poul" (auf dem Pfuhl), "op gene Lütz", "op gene
Dresch", "op gen Tuffel", "ejene Pouth" und aan et Dreekäntche".
Kam nun ein Fremder nach hier und fragte nach irgend einem Einwohner, so wußte der Kohlscheider gleich Bescheid und sagte: "De wohnt ejene Pouth", ejene Tuffel, op gen Lütz oder op gene Poul, je nachdem der Betreffende gerade wohnte, und der Fremde braucht nur "ejene Scheedt" nach diesem Eigennamen zu fragen, und jedes Kind konnte ihm Bescheid sagen, wo die betreffende Häusergruppe lag, und ohne vieles Suchen konnte derselbe seinen Freund, Verwandten oder Geschäftskollegen auffinden.
Der Vollständigkeit wegen will ich noch die Namen der anderen Hauptstraßen anführen. Wie bereits vorhin erwähnt, hieß die jetzige Weststraße "Der Viehweg", wahrscheinlich, weil
von Zeit zu Zeit ein paar Schweine von der Bahn kommend, diese Straße passieren mussten. Die Nordstraße hieß in ihrer vorderen Hälfte bis an den Bauernhof (heute Ecke
Kreutzstraße) heran "op den Krützstroes" (Auf der Kreutzstraße) und mit ihrer anderen Hälfte auf Klinkheide zu "Ejen Scheedtheck" (In den Kohlscheider Hecken). Ejen Scheedheck hieß der untere
Teil der Nordstraße wohl nur deshalb, weil zu beiden Seiten der Straße sich noch kein einziges Haus befand, und sie deshalb den Namen Straße nicht beanspruchen konnte, wie denn überhaupt die zu
Kohlscheid gehörigen Ortschaften ganz von Kohlscheid abgetrennt lagen, weil die Verbindungsstraßen, welche dieselben jetzt mit Kohlscheid verbinden, gänzlich fehlten. ...
Auch die jetzige Holzerstraße war nur ein elender morastiger Feldweg, nannte sich doch aber schon "in den Holz". Die Oststraße hieß in ihrem oberen Teil von der Kirche an bis zur Grube Langenberg "ej en heeh" (in der Heide), denn auf dem Platz der Tonhalle (heute Markt 31) gegenüber stand noch ein Komplex fußhohen Heidekrauts, und der untere Teil der Straße hieß "Hongeneich " (hohe Eiche) und ich erinnere mich noch genau, dass die hohen Waldbäume des Kohlscheider Waldes bis an die Umfassungsmauer der Grube Langenberg heranreichten, bis dort, wo jetzt die Häuser und Gärten der Bardenberger Straße (heute Am Langenberg) liegen.