07.12.2024
1935 wird Wilhelm Zimmermann zum Landbürgermeister von Eilendorf berufen. Er wurde 1899 in Eilendorf geboren, war seit 1930 Mitglied der NSDAP, seit Oktober 1933 Ortsgruppenleiter und seit Januar
1934 Erster Beigeordneter in Eilendorf.
Mit dieser Vorgeschichte wurde er 1938 als hauptamtlicher Bürgermeister für Kohlscheid berufen. D.h., er wurde nicht gewählt, sondern vom Beauftragten der NSDAP für den Kreis
Aachen-Land vorgeschlagen. „Natürlich“ waren die Gemeinderäte einverstanden. In Doppelfunktion übte Zimmermann auch die Rolle des Ortsgruppenleiters NSDAP war.
In der spärlichen Berichterstattung über die Zeit bis 1945 findet sich zu wenig, um ein eindeutiges Bild zu zeichnen.
Ganz umstritten ist Zimmermanns Rolle bei der Evakuierung September 1944. Vermutlich wird ihm einiges zugeschrieben, was eher den Umtrieben „des Braunen Packs“ in dieser Zeit zu zurechnen ist.
Bei der (7432) Entnazifizierung Wilhelm Zimmermann, geb. 21.03.1899 (Buergermeister) fällt auf,
dass diese Kohlscheider Evakuierungszeit fast nicht thematisiert wurde.
Wegen Vergehen bei Verhören in Eilendorf 1944 wurde er zwar vor dem Aachener Landgericht 1951 für Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt, aber frei gesprochen.
Als Ortsgruppenleiter der NSDAP - in Eilendorf wie in Kohlscheid - musste er sich wegen seiner Zugehörigkeit zum politischen Führerkorps der NSDAP einem Spruchgerichtsverfahren unterziehen. In
Hiddesen ist der Angeklagte am 10.8.1948 6 Sp Ls 251/48 ist zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt worden; die erlittene Internierungshaft ist angerechnet worden.
Das Gericht hat schliesslich zu Gunsten des Angeklagten gewürdigt, dass er im Gegensatz zu den meisten Angeklagten, die vor den Spruchgerichten stehen, der Wahrheit die Ehre gegeben und dem
Gericht die Wahrheitsfindung erleichtert hat. Unter Würdigung dieses Verhaltens des Angeklagten, seiner persönlichen Verhältnisse, dem Umfang seiner Kenntnis von den von seiner Organisation
begangenen Verbrechen erschien eine Gefängnisstrafe in Höhe von 4 Monaten als angemessene, aber auch ausreichende Sühne.
Leider befinden sich die Akten im Bundesarchiv und sind Online nicht zugänglich. Eine Untersuchung bzgl. Kohlscheider Hinweisen macht Sinn. Nur so können Zeugnisse wie dies von Pfarrer Zohren,
Berensberg, geprüft werden:
Was der Bürgermeister Zimmermann in diesen Wochen an Not und Leid angerichtet hat, kann er nie in seinem. Leben mehr gutmachen. Er war einer der Schlimmsten und brutalsten in der ganzen
Gegend. Eines Tages stand er vor dem früheren Ortsbauernführer Honnie, und schob ihm die Schuld zu, dass die Leute nicht räumten. Weil er hier bliebe, gingen nach seiner Behauptung die Leute auch
nicht weg. Darum erklärte er ihm, er gebe ihm noch Zeit bis anderen Mittags 12 Uhr. Sollte er ihn dann noch hier antreffen, werde er ihn auf der Stelle erschiessen. So zwang er ihn mit seiner
Familie zu, räumen. Wenn er noch Zeit gehabt hätte, ich glaube, er hätte uns alle noch aufgehängt. Ist es nicht geradezu furchtbar, und in der Geschichte überhaupt schon dagewesen, dass man in
diesen Tagen das Wort prägte: man erwartet mit Schmerzen seine Feinde, um von seinen Freunden erlöst zu werden!
Auf Anordnung der Militärregierung wird Bürgermeister Zimmermann am 30.04.1945 entlassen. Dies gilt für alle Mitglieder der NSDAP, die im Dienste des Kreises Aachen stehen.
Am 15.1.1945 wird Zimmermann auf einer Dienstreise als Zivilist in Bochum durch Fliegerbeschuss schwer verwundet. Er erlitt einen Kopfsteckschuss und verlor das linke Auge. Danach zog er nach
Pivitsheide bei Detmold zu seiner evakuierten Familie.
Was über diese Zeit berichtet wird, widerspricht dem Kohlscheider Bild sehr. Den Leumundszeugen war Zimmermann persönlich nur als Hilfsarbeiter bekannt, sie äußern sich durchweg positiv. So der
Bürgermeister von Pivitsheide:
Im Oktober 1944 musste der Betroffene mit seiner sechsköpfigen Familie Kohlscheid verlassen und verlegte seinen Wohnsitz nach Lippe.
Von dem damaligen stellvertretenden Staatsminister und Kreisleiter Wedderwille wurde dem Betroffenen in Hiddesen bei Detmold eine 4Zimmer-Wohnung angeboten. Zimmermann lehnte es ab, diese
Wohnung zu beziehen, weil er es als Unrecht gegenüber den anderen Evakuierten empfand, sich bevorzugen zu lassen. Er bezog vielmehr die jetzt noch von ihm bewohnte Wohnung in Pivitsheide.
Letztere besteht aus zwei abgeschrägten Dachzimmern von zusammen 22qm. In diesen Räumlichkeiten halten sich 6 Personen auf, die auch sämtlich dort schlafen.
Der Betroffene ist bisher noch nicht dahingehend vorstellig geworden, eine grössere Wohnung zu erhalten. Er bescheidet sich mit diesen gewiss traurigen Wohnverhältnissen.
Auf die Darstellung der „Selbstreinwaschung“ durch Zimmermann selbst verzichte ich. Die Aussagen sind z.T. heimathistorisch interessant, aber nicht überprüfbar. Wer sich selbst ein Bild machen
will: In den Scans 119 – 140 der Entnazifizierungsakte (URL s.o.) äußert sich Zimmermann zur „Räumungsaktion“ [Evakuierung] und zu Äußerungen von u.a. Kohlscheider Zeugen, darunter
der 1938 wegen Widerstands verhaftete Johann Oehmke (dieser verstarb 1957 und wurde in der Ehrenflur auf dem Ostfriedhof bestattet).
Zu Zimmermann kursieren in Kohlscheid noch viele Geschichten, die ich nicht so genau kenne.
Wenn Du die Informationen oben ergänzen oder korrigieren kannst, melde Dich bei mir.