Zu diesem Thema auch bei mir:
Irgendwann kommt man bei seinen lokalgeschichtlichen Untersuchungen auf die "braune Zeit". Und auf die damit verbundenen Themen und vor allem Fragen:
- Wie kann ich für mich, für andere, das Dritte Reich bei uns nachvollziehbar machen?
- Welches Wissen habe ich dazu – wenn der Geschichtsunterricht gefühlt vor dem 1. Weltkrieg aufhörte?
- Welche persönlich-familiäre Bezüge habe ich zu dieser Zeit? (mehr dazu unter Familiengeschichte.)
- Und auf welche Informationen kann ich lokalgeschichtlich zugreifen, wenn die Augenzeugen langsam aussterben?
- Wie war das eigentlich in meiner Gemeinde mit der NS-Zeit? Wie waren die schweren Jahre vor 1933 mit den Hungerzeiten vom 1. Weltkrieg über Weltwirtschaftskrise, Machtübergabe und
Gleichschaltung, mit der Judenverfolgung und dem 2. Weltkrieg bis 1945?
- Wie hat "Kohlscheid unterm Hakenkreuz" funktioniert?
- War die "Machtübernahme" eine Machtübergabe?
- Welche Rolle spielten die NSDAP und ihre Organisationen, Propaganda, Denunziantentum, Verfolgung, Diktatur?
- Und wie können wir das Handeln einzelner Personen nachvollziehen, verstehen? Wie haben sie das mit getragen - oder doch nicht?
- Was ist über Widerstand bekannt?
- Wie soll / kann ich das beschreiben? Auf wen oder was muss ggf. Rücksicht nehmen?
Wenn ich mit dem Thema "Kohlscheid unterm Hakenkreuz" befasse, benötige ich Informationen zum historischen Kontext. Hilfreich dabei: die Zeittafeln von LEMO:
- Als Überblicksartikel ist der sehr gut verlinkte Artikel auf Wikipedia Zeit des Nationalsozialismus von 1933 - 1945 zu empfehlen. Die Einzelartikel bieten gute Einstiege - wie immer bei
Wikipedia: "nicht nur glauben, sondern überprüfen!"
Ich habe mich jetzt einige Zeit neu mit der Geschichte des Dritten Reichs beschäftigt. Von daher einige Erkenntnisse:
- Es gibt kaum ein Thema, über das so viel geforscht, veröffentlicht und gestritten wurde wie über die NS-Zeit. Man bekommt Einblicke - sicher keinen "vollen" Durchblick.
- Seit 1945 gab es immer wieder Perspektivenwechsel in der NS-Forschung. Blickrichtungen und Bewertungen haben immer wieder Wendungen erfahren. Aussagen, die in den 50ger Jahren getroffen
wurden, wurden später ergänzt oder neu bewertet. Mir half der Wikipedia-Artikel über NS-Forschung, das etwas zu sortieren.
- Zuerst schaute sich die Geschichtswissenschaft die großen Themen an, SS-Staat, Faschismus, Holocaust. Später ging der Blick immer mehr nach unten, in die Region, in die (Klein)Stadt bis zu
den Personen ("Geschichte in uns") mit den Täter- und Opferfolgen in den Seelen der Kriegskinder und Kriegsenkel.
- Ganz schwierig heute: die Frage nach Täterschaft und Schuld, gerade auf lokaler Ebene! War xy ein "Brauner"? ist im Nachhinein immer schwerer zu beantworten? Wie hätte ich mich verhalten
unter den Bedingungen der Diktatur, der Massenbeeinflussung, der drohenden Gefahren für das eigene Leben incl. der Möglichkeit der Sippenhaft?