Am Fuße der ehemaligen Halde Laurweg in Wilsberg betreibt die "Angelsport-gemeinschaft EBV Kohlscheid 1972 e.V." drei Fischteiche für ihren Sport. So ent-stand durch die Umgestaltung eine grüne Oase.
Der Heimatverein Kohlscheid nutzte 2021 die Möglichkeiten des Geländes für sein Grillfest.
Dort wurde eine Information zu den Vorgängern dieser Fischteiche verteilt, den Schlammweihern; erstellt wurde sie von Erich Hallmann, Heinz Maas und Winfried Simons, sie ist Grundlage der folgenden Darstellung.
Die Schlammweiher geben den Namen für die Weiherstraße.
Im Kohlscheider „Straßenspiegel“ heißt es dazu kurz und prägnant:
Bei den heutigen Angelweihern handelt es sich um Schlammweiher im Bereich der Bergehalde der ehemaligen Grube Laurweg. In ihnen setzten sich der aus der Kohlenwäsche herrührende Kohlenstaub und feinstes Geriß [Grieß?] zu Schlamm ab, sie dienten als Absetzteiche: Die Kohlenwäsche, auch bekannt als nasse Aufbereitung, ist eine Anlage zur Trennung der geförderten Kohle in verschiedene Qualitäten sowie von den störenden Bestandteilen (taubes Gestein, Berge).
Was genau steckt dahinter?
Die Grube Laurweg hatte schon früh eine sogenannte Kohlenwäsche. Deren Funktion wird auf Wikipedia wie folgt beschrieben:
„Die Kohlenwäsche, auch bekannt als nasse Aufbereitung, ist eine Anlage zur Trennung der geförderten Kohle in verschiedene Qualitäten sowie von den störenden Bestandteilen (taubes Gestein, Berge)… . Die Abwässer der Kohlenwäsche wurden früher mit hohem Feinkohleanteil in die Vorflut gegeben, wo sie zu Überschwemmungen und Verschmutzungen der Bachläufe führten. Um die Feinkohle zurückzugewinnen, legten viele Zechen Schlammteiche an. In Notzeiten wurde diese Kohle als Teichkohle ähnlich wie Torf gestochen und in den Zechenkraftwerken verheizt.“
Schon 1880 wird in Wagners Beschreibung „Bergrevier Aachen“ für Neulaurweg eine Kohlenwäsche erwähnt. Erst nachdem im September 1955 der Umbau der Wäsche auf Gouley durchgeführt ist, werden auf Laurweg die Separation, die Wäsche und der Haldenbetrieb still gelegt.
Josef Aretz definierte in seinem Bergwerks-Glossar drei Begriffe:
In seinen Büchern finden sich viele Hinweise:
18.10.1920: Es wird darüber geklagt, dass in Aachen eine Karre Schlamm, die in Kohlscheid am Weiher für 40 M erstanden wurde, 300 M kostet. Auch sollen in letzter Zeit dem Schlamm Dreck und Steine beigemischt worden sein.
22.05.1931: Zollbeamte fanden bei der Durchsuchung einer Schlammkarre auf deren Boden 72 kg Kaffee; zwischen Kaffee und Schlamm (Hausbrand) lag eine Schicht Sand.
15.01.1932: Wegen der schwierigen wirtschaftlichen Situation reduziert die Post die Gebühren für Briefe und Postkarten im Fernverkehr. Auch werden die Speisefette Sanella und
Palmin billiger verkauft. Die Fa. Gebr. Reuber (Weststr. 110) verkauft Grubenschlamm preiswerter; frei Haus in Kohlscheid und Kämpchen geliefert, kosten 1,250 t nur noch 7,00 RM.
18.11.1932: Die Winternothilfe kann erste Erfolge erzielen: Die Spenden zur Speisung der Kinder in den Bewahranstalten zeigen befriedigende Ergebnisse, der EBV stellt neben den
verbilligten Kohlen auch noch einen namhaften Betrag zur Verfügung, die Fa. Friedrich Reuber schenkt besonders bedürftigen Familien 20 Karren Schlamm, auf Waren für die Kinderspeisungen gibt die
"Selbsthilfe" 50 % Nachlaß, für die Kinderspeisung spenden Kohlscheider Metzger kostenlos Fleisch und Fett, im EBV-Zentralbüro werden Sammlungen durchgeführt, der Gartenbauverein sammelte bei
seiner letzten Versammlung 20,35 Mark, der Ertrag der Büchsensammlung anläßlich der Inbetriebnahme der neuen Sportanlage des KBC fließt in die Winternothilfe.
1938: Wegen der kalten Witterung warten im Januar 1938 schon nachts 40 bis 50 Wagen und Karren in der Weiherstraße, um an den Schlammweihern in Wilsberg preiswertes Brennmaterial
zu laden. Samstags werden sie dort schon für montags abgestellt. Trotz hoher Förderquoten gibt es in der Hausbrandversorgung spürbare Lücken (Der Volksfreund)
1946: Die Schlammweiher auf Wilsberg, die Straßenbahn hat sogar einen eigenen Gleiskörper dorthin angelegt, um die öffentlichen Einrichtungen in Aachen mit Brennstoff zu
versorgen, sind im Winter 1945/1946 Nacht um Nacht Ziel vieler Kohlscheider. Prozessionsweise zieht man mit Handwagen hin, um den Weihern Schlamm zu entnehmen. Die Not lässt die Bevölkerung so
handeln. Die Wachmänner des EBV müssen nicht nur oft ein Auge zudrücken, wenn die eigenen Familien, Verwandte, Bekannte, Nachbarn und Freunde anrücken, sie müssen oft auch vor der großen Anzahl
dieser "Diebe" kapitulieren. Nach und nach regeln sich wieder die Verhältnisse, wenn auch nur in kleinen Schritten.
Bis nach 1950 liefern Kohlscheider Fuhrunternehmer mit ihren Pferdekarren noch Kohlen und Kohlenschlamm in Mengen von 30 Ztr.
„Eine der Tätigkeiten der Firma Reuber war, den Schlammweiher in Wilsberg (heute Anglerteich) aus zu baggern. Also, wenn die Kohle geschaufelt, bewegt wurde, dann blieb der feine Staub liegen und wurde mit dem Regen letztendlich in Weiher geleitet. Bei einer drohenden Überfüllung mit dem zu Schlamm abgesetzten Staub, wurde der Weiher leergepumpt, bzw. der festere Schlamm ausgebaggert. An der Luft wurde der Schlamm immer fester. Wie Torf wurde diese Masse in Form gestochen, vergleichbar mit Brikett oder wie ein Kastenbrot. Diese „Ware“ wurde den Leuten geliefert. Im Keller trocknete das noch über den ganzen Sommer. Im Winter wurde es verbrannt, „verstocht“. Nicht der Schlamm wurde geliefert, sondern die Leute kriegten das Endprodukt zum „Stochen“ Das war so was wie ein „arme Leute Kohle“.
Anmerkung von Erich Hallmann:
Bei uns war anfänglich meiner Erinnerung nach Schlamm im Keller. Abends wurde in Zeitungspapier Schlamm eingeschlagen und auf das noch glimmende Feuer gelegt. Anderen Morgens brannte das Feuer
noch, man brauchte nicht neu anzuzünden. Das war das „Gedecks“.
Späterhin wurde das Feuer erhalten, indem man ein Brikett in nasses Zeitungspapier wickelte und abends auflegte, das hatte denselben Effekt.
Ein weitere Erinnerung:
Ich bin Jahrgang 1950 und berichte aus den Jahren 1955 bis 1963:
Mein Großvater (Witwer) wohnte mit meiner ledigen Tante in einem kleinen Haus in Würselen – Morsbach.
Da mein Großvater (er verstarb 1965 mit 85 Jahren) nicht beim EBV beschäftigt war, bezog er auch keine Deputatkohle, sondern musste Schlamm „verstochen“. Vorher mischte er diesem preiswerteren
Heizmaterial noch einmal Lehm bei. Diese Mischung aus Schlamm und Lehm brannte länger, und hat wohl auch noch größere Wärme entwickelt. Der ausgekühlte Rest wurde meiner Erinnerung nach „Kreije“
genannt, und diente zerkleinert zur Befestigung der Wege auf dem Grundstück oder musste letztendlich entsorgt werden.
Passend dazu: In der Brikettfabrik auf Laurweg produzierte man für den Hausbrand aus Feinkohle und Lehm die berühmten „Kohlscheider Eier-Klütten".
Nachricht bitte an: info@heimatverein-kohlscheid.de.